Autosuggestion + Dorn-Methode

Sein größter Wunsch: ein Wasserglas zum Mund führen können

Herr F., 27 Jahre, Spastiker, hat sich mit seinem Leiden abgefunden. Doch er findet es zuriefst demütigend und menschenunwürdig, wie er aus einem Glas Wasser trinken muss:
Da er das Armgelenk nicht beugen kann, muss er seinen ganzen Oberkörper zum Tisch hinunter beugen, bis die Lippen den Glasrand berühren. Dann führt er beide Hände zum Glas, um es mit Daumen und Zeigefingern zu umklammern. Die anderen Finger dreht es ihm verkrampft nach außen weg. So muss er den Oberkörper aufrichten, um zu trinken.
Verständlich, dass er sich heiß danach sehnt, wie jeder andere Mensch das Glas in die Hand nehmen und zum Mund führen zu können! Die Spastik ließ das aber nicht zu.
Die Mutter des jungen Mannes hatte von „unglaublichen“ Wirkungen bei einem Vortrag von Klaus D. Ritter in Weil der Stadt gehört und fragte telefonisch, ob man ihrem Sohn helfen könne. Das Seminar zur Praxis der Autosuggestion war schon voll, doch Herr Ritter war mit einem Termin am Samstagabend einverstanden. Herr F. kam mit seinem Vater, bat diesen aber, während der Sitzung den Raum zu verlassen. Als dritte Person blieb der Hausherr.
Herr F. erklärte nochmals, dass es sein sehnlichster Wunsch sei, wie ein normaler Mensch trinken zu können, dann wurde mit der Arbeit begonnen.
Der Beinlängenvergleich zeigte ein 4 cm längeres Bein. Als Klaus Ritter erklärte, wie er dem Unbewussten den Auftrag zum Beinlängenausgleich geben werde, vollzog sich dieser bereits von selbst. So suggestibel war der Betroffene. Und noch nie hatte jemand daran gedacht, von diesem wichtigen Talent Gebrauch zu machen! Zur weiteren Pflege seiner Gelenke wurden dem erfreuten jungen Mann die einfachen Dorn´schen Selbsthilfe-Übungen gezeigt.
Nun wusste Herr F., dass etwas möglich ist, und sprach die Suggestion für die Verbesserung seines Gehens laut mit seinem Helfer: „Ich trete mit der Ferse auf und rolle meine Füße schön ab.“ So sprechend gingen sie gemeinsam im Zimmer auf und ab. Der rechte Fuß tat, wie ihm befohlen. Der linke bewegte sich zwar elastischer, stellte sich aber noch immer linkisch an. Sie beließen es dabei, da der Gang schon gerade war und der Körper nicht mehr nach links und rechts schwankte.
Jetzt kam das Armgelenk dran. Klaus Ritter nahm sein Handgelenk und seinen Oberarm und half ihm, gegen die Muskelspannung den Arm zu beugen. Gleichzeitig sprachen sie gemeinsam ohne Unterlass die Suggestion: „Arm beugen und strecken, Arm beugen und strecken.“ Und siehe da, die Muskeln verstanden! Die Spastik ließ immer mehr nach und der junge Mann konnte jetzt ganz allein den Arm beugen und die Hand zum Mund führen, was ihm in seinem Leben noch nie gelungen war.
Jetzt kamen der Handteller und die Finger und der Daumen dran. Es war dem jungen Mann nicht möglich gewesen, auch bei größter Anstrengung nicht, seine Finger zur Faust zu schließen. Je mehr er es versuchte, desto mehr bog es den Handteller gerade und nach hinten, und die Finger spreizten sich nach außen. Das Couésche Gesetz von der das Gegenteil bewirkenden Anstrengung wurde hier mit aller Deutlichkeit sichtbar: Je mehr man sich für etwas anstrengt, an das man nicht glaubt, umso stärker geschieht das Gegenteil.
Herr Ritter nahm also seine Hand und beugte seine Finger. Mit jedem Finger sprach er: „Schau mal, so wirst du dich jetzt abwinkeln, bis die Fingerkuppen den inneren Handteller berühren. Ja das geht schon sehr gut. Finger, lass die Spastik, lass die Verspannung los!“ Als allen Fingern genau erklärt und gezeigt war, wie sie sich schliessen und öffnen sollen, waren die Finger in der Lage, sich zur Faust zu schliessen und, je nach Wunsch des jungen Mannes, sich zu öffnen oder zu schliessen.
Bei diesem zielstrebigen Vorgehen stellte sich heraus, dass sich die Hände noch leichter zu Fäusten ballen ließen, wenn er die Arme einfach neben dem Körper hängen ließ. Das hatte er auch bisher noch nicht gekonnt. Nun übte er zwei Minuten lang so, die Hände zu schließen und wieder zu öffnen. Sie gehorchten jetzt vollkommen seinem Willen. Inzwischen war eine Dreiviertelstunde vergangen und es war Zeit, die Probe aufs Exempel zu machen.
Freudestrahlend ging der junge Mann in die Küche hinaus zu seinem Vater. Der staunte nicht schlecht, als sein Sohn so flott gelaufen kam. Der junge Mann bat die Hausfrau um ein Glas, sie gab es ihm. Er nahm es in die Hand und ging zum Wasserhahn. Sofort kam sein Vater, in dessen Kopf ja noch das Bild eines Sohnes war, der das alles nicht kann. Er wollte dem Sohn unbedingt das Glas aus der Hand nehmen, um ihm zu helfen. Dieser Sohn wehrte sich aber und ließ das nicht zu. Er ging zum Wasserhahn, drehte mit einer Hand das Wasser auf und hielt mit der anderen das Glas darunter. Als es voll war, drehte er den Hahn wieder zu.
Mit dem Glas in der Hand ging er nun zum Tisch, ohne einen Tropfen zu verschütten, stellte das Glas auf den Tisch und setzte sich in den Stuhl. Es war mucksmäuschenstill. Herr F. streckte den rechten Arm aus, umschloss mit allen Fingern und dem Daumen das Glas, beugte den Arm und führte das Glas zum Mund und begann zu trinken.
Er trinkt ganz wie jeder Mensch.
Ein kleiner Rest Wasser war im Glas geblieben. Nun packte den jungen Mann der Ehrgeiz. Er nahm die linke Hand zu Hilfe und schaffte so, auch den letzten Rest des Wassers auszutrinken. Seine Genugtuung über das, was ihm da gelungen ist, war ihm anzusehen. Er sprang vom Stuhl auf, sein Vater eilte herbei, dann lagen sich beide in den Armen und weinten vor Freude. Alle Anwesenden waren tief betroffen.
So einfach und wirksam wie Klaus Dieter Ritter mit diesem jungen Mann das Leben provoziert = hervorgerufen hat, so hat es vor 80 und 90 und mehr Jahren Émile Coué mit zehntausenden Hilfesuchenden aus aller Welt gemacht. Ein Beispiel, von dem alle wissen sollten.

Franz Josef Neffe

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Jakobe Jakstein
Wunderheilmittel Kohl, Neuauflage, ISBN ISBN 978-3-8423-7603-8

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